echter Ökostrom

Oberhausen

noch etwas

Tricks und Lügen zum Ökostrom - Update 10.04.2012

In Deutschland gibt es Ökostrom in Hülle und Fülle mit inzwischen mehr Anbietern als Tage im Jahr. Wozu brauchen wir also noch Atomkraft-, Gas- oder Braunkohlekraftwerke? Stellt man die Verbrauchsdaten den Erzeugerdaten gegenüber, so verbrauchen wir enorm mehr Ökostrom als wir überhaupt erzeugen. Spätestens jetzt sollte es dämmern, da ist Beschiss im Spiel.

Die bekanntesten Label für "Ökostrom"

Die Label Grüner Strom Label Gold, ok-power und TÜV-Nord sind in ihrer Anlage und besonders Ihrer Lesbarkeit auch für Laien verständlich und zumindest größtenteils nachvollziehbar. Etwas anders sieht es beim TÜV-Süd aus.

Der TÜV-Süd sieht Ökostrom eher als variables Produkt, bei dem Ökostrom nicht unbedingt immer auch Ökostrom ist. Hinter den beiden Labeln verbirgt sich keine klare Abgrenzung, sondern ein ganzer Katalog von Möglichkeiten, um "Ökostrom" zu zertifizieren. Auch nach mehrmaligem Studium des Kataloges kann ich mich dem Gefühl nicht erwehren, dass hier weniger die Transparenz als die Verschleierung Pate gestanden hat.

In den Medien liest man immer wieder von Ökostrom und von "echtem" Ökostrom. Zunächst fällt auf, dass keiner der Anbieter von echtem Ökostrom das Label des TÜV-Süd nutzt, nicht mit Konzernen der Atomwirtschaft verflochten ist und physikalisch auch tatsächlich Ökostrom liefert.

Es gibt aber auch den sogenannten virtuellen Ökostrom. Hier wird beispielsweise bei Kohle- oder auch Atomstrom ganz legal das Wort Kohle bzw. Atom durch das Wort Öko ausgetauscht, der Strom bleibt natürlich der selbe. Das Zaubermittel zum Greenwashing (Grünfärberei) heisst RECS-Zertifikate .Würde man einem Norweger beispielsweise sagen, dass sein Strommix zu 20 Prozent aus Kohle- und zu 10 Prozent aus Atomstrom bestehe, er würde sich wahrscheinlich nur kurz an den Kopf tippen, weil Norwegen quasi zu 100 Prozent Strom aus Wasserkraft herstellt. Allein Spitzbergen besitzt noch ein Kohlekraftwerk. Den Vogel zeigt der Norweger zurecht, weil in Norwegen wäre der Kohle- oder Atomstrom im Strommix eben nur virtuell und nicht physisch tatsächlich. Und, dämmerts?? Richtig, der norwegische Betreiber lässt sich das Wort Öko für einen Teil seines Stromes zertifizieren und verkauft diese Mengen dann im RECS-Zertifikate-Handel. Seinen Strom nennt der Norweger dann einfach nur Strom, so ganz ohne Öko, weil letztlich weiss doch jedes Kind in Norwegen, das der Strom aus Wasserkraftwerken kommt. Der Käufer der Zertifikate macht etwas anderes. Er tauscht nur die Worte Kohle, Braunkohle oder Atom für die Menge Strom aus, für die er RECS-Zertifikate erworben hat. Geändert hat sich zwar nichts, aber unter dem Namen Ökostrom verkauft es sich halt besser. In einer Studie von Greenpeace wird auch im Handel mit Ökostrom zumindest teilweise wie beim Handel mit RECS-Zertifikaten verfahren und ebenso nur Ökostrom vorgetäuscht.

Zurück zu den Ökostrom-Zertifikaten des TÜV-Süd. Ich habe mir dieses Zertifikat einmal genauer angeschaut und ein wenig recherchiert. Der Anbieter liefert nach eigenen Angaben nur Ökostrom zu 100 Prozent. Im Zertifikat wird vier Wasserkraftwerken in der Schweiz bescheinigt, dass sie zu 100 Prozent Strom aus Wasserkraft herstellen. Ohne Zertifikat wäre ich darauf sicherlich nicht gekommen. Als Laie stelle ich mir nun vor, dass die Wasserwerke in der Schweiz nun ihren Strom in das Netz speisen und unser zertifizierter Anbieter entnimmt diesen aus dem Netz und zahlt entsprechend dafür in die Schweiz. Zu einfach. Unser Anbieter ist nur Anbieter und auch nur Tochterunternehmen eines anderen Anbieters. Letztlich bezieht unser Anbieter seinen Strom vom "Mutterhaus", ist sich aber sicher, dass es sich um 100 Prozent Ökostrom handelt. Besonders interessant bei diesem Anbieter ist seine Note 1 bei der Zeitschrift Öko-Test. Der angebotene Strom wird immer billiger, je mehr man verbraucht. Einen festen Preis für eine kw/h gibt es nicht. Realistisch betrachtet wird also die Person, die möglichst viel Strom spart, rigoros (zu deutsch: rücksichtslos) abgestraft und zahlt für alle, die Stromsparen als sinnlos erachten, mit. Nichts gegen die Zeitschrift Öko-Test, aber ökologisch ist anders. Beispiele

Zurück zum Zulieferer unseres zertifizierten Anbieters:

Das sogenannte "Mutterhaus" bezieht nun sicherlich seine Ökoenergie aus der Schweiz und regelt das Finanzielle. Wieder viel zu einfach. Das Mutterhaus bekommt den Strom auch nicht aus der Schweiz, sondern kauft ihn im Großhandel (eine Art Strombörse). Endlich, der Großhandel hat tatsächlich Anteile an unseren vier Wasserkraftwerken in der Schweiz. Alles gut, auch wenn der Weg des Ökostroms recht holprig scheint, er sieht aus wie Ökostrom.

So ganz rund ist die Sache aber dann doch nicht. Woher weiss ich, dass mit Strom und nicht mit Zertifikaten gehandelt wird? Garnicht, weil unser Großhandel handelt natürlich mit beidem. Zudem scheint sich der Strom aus unseren Wasserwerken, einmal ins Netz eingespeist, zu multiplizieren. Auch nach mehrmaligen Anfragen habe ich vom Erzeuger selbst (Kraftwerke Hinterrhein AG) keine Auskünfte über Lieferungen nach Deutschland erhalten. Vielleicht verechne ich mich ja, aber wenn man so einige Geschäftsberichte mit den entsprechenden Zahlen nebeneinanderlegt, dann verkauft unser Großhandel mehr Ökostrom aus unseren vier Wasserwerken als die ihm überhaupt verkaufen respektive produzieren. Eigentlich bin ich jetzt wieder am Anfang und habe noch etwas draufgelegt. Nicht nur der Zertifizierungkatalog des TÜV-Süd ist kompliziert, der Weg des so zertifizierten "Ökostroms" ist es nicht minder.

Vielleicht möchte der TÜV-Süd eigentlich ganz anders, aber die Interessen der Hauptanteilseigner Vattenfall, EnBW und E-ON müssen schließlich auch berücksichtigt werden. Ich mag es lieber unkompliziert und habe mir hier einen neuen Anbieter gesucht.

Echter Ökostrom, eigentlich ganz einfach. Nur wechseln muss man selbst. F. H. 2012

Artikel als PDF

ROBIN WOOD hat zu den Anbietern von Ökostrom recherchiert: Anbieter im Vergleich

Zum Thema hat die Sendung "Da wird mir übel" einen sehr verständlichen Beitrag produziert. Danach habe sogar ich es verstanden. Man kann Informatives auch recht unterhaltsam darstellen.

zur Sendung